Wie kann ich mein Kind begleiten und trösten, wenn es unter der Trennung der Eltern leidet?

„Wir sind eine Familie. Wir sind Mutter, Vater und Kind(er). Wir teilen ein Zuhause, wir sind für einander ein Zuhause. Mama liebt Papa, Papa liebt Mama und Mama und Papa lieben ihr/e Kind/er bis zum Mond und zurück.“ Worte, die jeder gerne über seine Familie, sein Leben, sagen würde – die er vielleicht lange Zeit so sagen konnte. Doch dann kam der Punkt, an dem Mama und Papa sich nicht mehr liebten, an dem sie nicht mehr ein Zuhause teilen wollten.

Diese Situation verlangt den Eltern vieles ab, sie müssen sich umorientieren und ein neues Leben aufbauen. Für Kinder aber ist zunächst nur das alte Leben, das mit Mama und Papa als Einheit, präsent. Und dieses Leben verschwindet mit jedem Schritt der Trennung ein bisschen mehr. Ihr Kind weiß noch viel weniger als Sie, wie es nun weitergehen wird. Die emotionale Stabilität, die Ihrem Kind die Familie, so wie sie bisher war, gab, ist weg – zumindest gefühlt, vielleicht sogar tatsächlich. Kinder brauchen in der Zeit der Trennung viel Trost. Dieser soll sie stützen, stärken und ihnen trotzdem erlauben, traurig zu sein. Das Wort „Trost“ hat die Bedeutung „innere Festigkeit“, und eben diese muss wieder geschaffen werden – der Tank muss wieder aufgefüllt werden. Diesen Prozess kann ein Kind nicht alleine bewältigen.

Die schlichteste Form von Trost, ist die, einfach da zu sein. So schwer es auch sein mag, in Gedanken nicht abzudriften: Seien Sie nicht nur anwesend, seien Sie da für Ihr/e Kind/er. In der Beziehung zwischen den einzelnen Elternteilen und dem Kind/den Kindern hat sich nichts geändert – schon gar nicht die Liebe. Es ist okay, beide Elternteile gleich stark zu mögen, bei beiden ein Zuhause zu finden und von beiden geliebt zu werden. Das Kind darf niemals in die Situation kommen, sich wegen der Liebe, die es bekommt und gibt, schuldig zu fühlen. Schuldgefühle sind etwas, das die Kinder in dieser Zeit in vielen Fällen eh schon plagt. „Haben Mama und Papa sich wegen mir nicht mehr lieb?“, fragen Sie sich. Oder es treten Zweifel auf, wie: „Wenn Mama nun böse auf Papa ist, ist sie dann auch auf mich böse? Oma und Opa sagen doch immer, ich sei wie Papa.“ Versichern Sie Ihrem Kind die Beständigkeit Ihres Mutter-Kind/Vater-Kind-Verhältnisses. Tun Sie dies nicht nur durch Worte, sondern schaffen Sie Momente, die schon immer prägend für Sie beide waren, beispielsweise durch das Hören von vertrauter Musik.

Die Balance zu finden, zwischen aufrichtigen, ernsten Gesprächen, die dem Kind seine aufkommenden Fragen beantworten und dem Punkt, an dem es die Ehrlichkeit nicht mehr verkraften kann, ist schwer. Trotzdem ist es wichtig, die Anliegen der Kinder als wichtig anzusehen. Es gibt Dinge, die kann ein Kind noch nicht verstehen – die soll und muss es auch gar nicht verstehen. Dennoch sollte ein Weg gesucht werden, dem Kind Unklarheiten und Unsicherheiten zu nehmen. Oftmals sind kleine, neue Rituale gut, um dem Kind Geborgenheit zu vermitteln und ihm die Angst vor den fremden Umständen zu nehmen . Ein Tee am Abend, der gemeinsam getrunken wird, während Sie das Kind im Arm halten, kann den Rahmen für einen vertrauensvollen Austausch schaffen. Sie signalisieren Ihrem Kind, dass es weiterhin Schutz und Liebe von Ihnen erfährt. Auch, wenn es über den anderen Elternteil spricht. Seien Sie authentisch und stehen Sie zu aufbrechenden Gefühlen und bleiben im Kontakt mit Ihrem Kind. Ziehen Sie sich während des Gespräches zurück, kann das bei Ihrem Kind dazu führen, dass es denkt, es habe etwas falsch gemacht. Und wenn es in der Trennungsphase von Eltern jemanden gibt, der überhaupt nichts falsches machen kann, dann die Kinder. Bedenken Sie, dass Kinder die Welt anders wahrnehmen. Pusteblumen sind für sie eine Attraktion und der Kindergarten- oder Schulbesuch der erste Ort, an dem sie sich eine Individualität aufbauen. Die Kindheit ist geprägt von Eindrücken, die man zum allerersten Mal erfährt. Einige Gefühle, die ein Kind während der Trennung seiner Eltern hat, verspürt es vielleicht zum ersten Mal im Leben. Ob es Wut, (Verlust-)Angst oder eine überwältigende Traurigkeit ist, im Zweifel braucht Ihr Kind immer eine Vertrauensperson, die in diesen Momenten da ist. Trost zu spenden, wenn man diesen selbst benötigt, ist keine leichte Aufgabe. Zudem entwickelt jeder im Laufe seines Lebens eine Trost-Strategie, die ihm selbst am besten hilft. Nur muss dies nicht die Lösung sein, die Ihr Kind am besten unterstützt. Die Trost-Tankstelle von Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin und Ratgeber-Autorin Gundula Göbel bietet Ihnen einen Leitfaden, sich mit Ihrem Kind/Ihren Kindern über das Trösten zu verbinden.

Erwarten Sie nicht, dass die neuen (Familien-)Verhältnisse von Ihrem Kind/Ihren Kinder verarbeitet wurden, nur weil einige Zeit vergangen ist. Es kann bestimmte Tage geben, an denen der Schmerz oder die Wut aufbricht, an denen Sie nicht damit rechneten. Besonders, wenn Sie den Ärger des Kindes persönlich abbekommen, gehen Sie keinen Streit ein oder bestehen Sie auf Verständnis. Handeln Sie geduldig und verlässlich. Ansonsten kann es passieren, dass sich Ihr Kind/Ihre Kinder verschließen und Ihnen ihre Gefühle nicht mehr mitteilen. Erst wenn ein Kind sich der Beständigkeit Ihres Verhaltens sicher sein kann, wird es die Zuversicht erlangen, dass Sie immer noch seine Familie sind – auch wenn beispielsweise durch eine neue Partnerschaft neue Familienmitglieder den Kreis erweitern.

Vielleicht findet das Kind in anderen Vertrauenspersonen einen Gesprächspartner. Dies kann ein/e Lehrer/in oder jemand aus der Verwandtschaft sein. Schreiben Sie Ihrem Kind/Ihren Kindern nicht vor, wo es sich Hilfe sucht und unterstützen Sie Kontakte, die Ihr Kind/Ihre Kinder am unbeschwerten Leben teilhaben lassen. Fürchten Sie sich nicht, die Verantwortung des Tröstens zu teilen.

Mehr zum Thema „Trost“ finden Sie von der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin in Ihrem Buch mit dem Titel „Trost – Wie Kinder lernen, Traurigkeit zu überwinden“.

Verfasserin: Katharina Weirauch

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